Hallo!

Hallo, lieber Leser,

Als ich anfing, Science-Fiction zu lesen, nannte sich diese Literaturgattung in Deutschland noch »Zukunftsroman« oder »utopischer Roman« – und keineswegs »Literatur«. Allenfalls »Trivialliteratur«; denn sie war ja nur trivial, also belanglos, unwichtig, unter der Würde eines Bildungsbürgers. Das war Ende der vierziger Jahre, nach dem Krieg, in einer Zeit, in der es kaum Papier für Bücher gab und in der eine junge Leseratte ihren Bedarf an Lektüre fast ausschließlich im heimischen Bücherschrank oder in Leihbibliotheken stillen musste.

Dass ich mich mit dieser Feststellung als Oldtimer oute, ist mir natürlich bewusst und stört mich überhaupt nicht.

Ich hatte von den damals existierenden 62 Bänden Karl Mays bestimmt über 50 gelesen, den Großteil von Jules Vernes Werken verschlungen, die ich, da aus der Vergangenheit stammend, »nur« als Abenteuer, nicht als »Zukunftsromane« betrachtete, und war auf der Suche nach neuen Leseabenteuern. Und dabei stieß ich auf ganz Altes – Kurd Lasswitz’ Meisterwerk AUF ZWEI PLANETEN (Copyright 1897), das ich inzwischen bestimmt fünfmal gelesen habe. Das erste Exemplar war ein »mit Genehmigung der Militärregierung« auf inzwischen vergilbtem Papier gedrucktes, stark gekürztes Exemplar, das heute Liebhaberwert haben dürfte. Später gab es dann eine ungekürzte Neuauflage, die mir noch mehr Genuss bereitet hat. Dass der wohl bedeutendste deutsche Science-Fiction-Preis nach dem Altmeister benannt ist, hat dieser ganz sicherlich verdient und ich kann die Lektüre dieses Romans, aber auch seine anderen Werke, nur wärmstens empfehlen.

Und dann gab es damals ein paar eher zeitgenössische Autoren wie Hans Dominik, Rudolf Daumann, Paul Eugen Sieg – aber ich will jetzt nicht versuchen, eine Liste deutscher Autoren aufzustellen, sondern mich lediglich vorstellen und meinen Anspruch untermauern, beim Thema Science-Fiction mitzureden. Doch diese Website soll ja in erster Linie einen Roman begleiten – und deshalb will ich hier nicht länger in Vergangenem schwelgen, sondern Interessierte auf meinen Beitrag „Meine Science Fiction“ in diesem Blog verweisen.

Dort kann man lesen, dass ich bald angefangen habe, mich der Science-Fiction zunächst als Hobby und dann zumindest halbprofessionell als Übersetzer zu widmen, sodass ich heute im gereiften Alter an die 250 Titel vorweisen kann, die neben dem Namen des Verfassers als Übersetzer auch den meinen oder den von mir gelegentlich als Pseudonym benutzten Namen »Heinz Nagel« tragen (Liste meiner SF-Übersetzungen).

Da ich später auch noch eine ganze Weile als Literaturagent und kurze Zeit auch als Herausgeber einer Science-Fiction-Reihe tätig war (Näheres auch dazu in dem oben erwähnten Beitrag), fand ich, dass jetzt nur noch eines fehlt, um die Karriere wirklich sauber abzurunden – ein eigener Roman. Und den habe ich schließlich geschrieben und dabei versucht, eine Welt ein wenig nach meinem ganz persönlichen Geschmack zu schildern.

Der Titel des Romans ist NEBENWEIT  (»Neben«an – unendlich»weit«), er ist dieser Tage im Atlantis Verlag erschienen, das Titelbild stammt von Timo Kümmel, er ist beim Verlag, als E-Book bei Amazon und im Versand- und Sortimentsbuchhandel erhältlich.

nebenweit

Ich gehe davon aus dass Sie den Roman – hoffentlich mit einigem Spaß daran – gelesen haben. Falls nicht: Es handelt sich um einen Parallelwelt- bzw. Alternate-History-Roman, in dem der Protagonist unversehens in eine Welt mit einem anderen geschichtlichen Ablauf gerät.

Das Buch erzählt, wie Bernd Lukas, seines Zeichens pensionierter Journalist, sich mit der  ungewohnten Umgebung auseinandersetzen muss. Dabei hat er es im Grunde relativ leicht, denn in seiner »neuen« Welt, der Europawelt, hat es beispielsweise die beiden Weltkriege nie gegeben! Schlechter ergeht es da Bernds »Pendant«, Bernhard Lukas, der aus dieser Idylle fortgerissen und in wieder eine andere Welt versetzt wird. Und dann gibt es da noch »Grenzgänger«, die ganz bewusst zwischen verschiedenen Alternativwelten hin und her wechseln können.

Vermutlich sind Sie aber auf diese Website geraten, weil ich im Nachwort zum Buch zusätzliches Material versprochen habe. Und da ist es. Ob die von mir erfundene Historie der Europawelt und ihrer Nachbarwelten logisch und nachvollziehbar ist – nun, das wird sich wohl weder beweisen noch widerlegen lassen. Aber Science-Fiction ist ja auch die Literatur des »Was-wäre-wenn?«.

Inzwischen habe ich auch schon ein paar Ideen zu einem nächsten Roman (wer selbst schreibt, weiß dass das süchtig macht), und ich hoffe, dass es mir gelingt, daraus etwas Brauchbares (und Lesbares) zu machen und dass der Atlantis Verlag Ihnen das Produkt meiner Gedanken dann bald vorstellen wird.

Und jetzt viel Spaß bei der Lektüre der übrigen Partien meines Blog.

München, im April 2013

Heinz Zwack

Nebenweit Karte(Karte von Timo Kümmel)

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Ein paar Worte von Bernd Lukas

Den einen oder anderen meiner Leser intereressieren vielleicht Details aus der Geschichte der im Roman NEBENWEIT vorgestellten Europawelt, die über die Fragmente hinausgehen, die man der Erzählung selbst entnehmen konnte. Da ich selbst stets großes Interesse für die Geschichte, also »das, was geschehen ist«, empfunden habe, will ich versuchen, eine solche Wissbegierde wenigstens in kleinem und ganz und gar unwissenschaftlichem Rahmen zu befriedigen.

Vorab aber will ich ergänzend zu dem, was Obertix/Dupont und mein Freund Gustav Thadewald  schon gesagt haben, zu erklären versuchen, was es mit Parallelwelten, ›Anderwelten‹ also, wie die Gäler sie nennen, auf sich hat:

In dem Multiversum, in dem die Europawelt, die Amerikawelt, die Germaniawelt, Roma Aeterna und Gaelia ebenso existieren wie Abermilliarden andere Welten, gibt es eine unendliche Zahl – das ist wörtlich zu nehmen – paralleler Welten, da jede Entscheidung, die die Natur, der Mensch oder sonst jemand trifft, einen neuen Faden in dem »Tau«, will ich einmal sagen, bildet, das den Lauf der Geschichte, der Evolution oder meinetwegen sogar der Entropie darstellt. Jedes Mal wenn Sie sich entscheiden, Milch in Ihren Kaffee zu gießen, entsteht ein solcher Faden und gleichzeitig ein anderer, in dem Sie sich dafür entschieden haben, ihren Kaffee »schwarz« zu trinken. Und das Gleiche gilt für die ebenso wichtige Entscheidung, ihn mit Zucker zu süßen oder dies bleiben zu lassen. Oder vielleicht auch mit Süßstoff …

All diese Fasern finden bald wieder in den »Mainstream«, also das gemeinsame »Tau«, zurück, da diese Entscheidung am Kaffeetisch ja für den weiteren Lauf der Welt doch recht belanglos sind.

Und dann gibt es wichtige, ja weltbewegende Entscheidungen. Aus anthropozentrischer Sicht ist das etwa die Entscheidung eines Religionsgründers wie Jesus von Nazareth (wenn wir hier einmal von seinen Vorgängern oder den Gründern anderer Religionen der Einfachheit halber absehen wollen), auf dessen Wirken unser christlich/jüdisches Abendland basiert. Oder die Entscheidung von Julius Cäsar, den Rubikon zu überschreiten und damit den Grundstein zu seiner Diktatur und der Kaiserherrschhaft seiner Epigonen zu legen.

Ähnlich wichtig sind die für das Geschehen in diesem Buch wichtigen Entscheidungsknoten, die die politisch/militärischen Entscheidungen in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts darstellen:

In der Amerikawelt waren dies in besonderem Maße der Ausgang der amerikanischen Bürgerkrieges und die Gründung des Deutschen Reiches und die daraus für das weitere Geschehen entstandenen Folgen. Sie haben die damals von den europäischen Großmächten beherrschte Welt in vielen Bereichen so geprägt, wie ich sie bis zu meinem unbeabsichtigten »Rutsch« in die Europawelt kannte. Hinzu kam im asiatischen Raum die Ablösung der Tokugawa-Dynastie durch die Wiedererrichtung des Kaiserreiches Japan unter Kaiser Mutsuhito, genannt Meiji-Tenno, welches das durch den Verfall des chinesischen Kaiserreichs entstehende Machtvakuum zu nutzen wusste.

In der Europawelt, also meinem neuen Zuhause, sind die Dinge anders gelaufen:

Die Amerikaner haben ihren Bürgerkrieg nicht bis zur völligen Niederlage der Südstaaten geführt, sondern einen Verhandlungsfrieden geschlossen, nach dem auf dem nordamerikanischen Kontinent zunächst zwei souveräne Staaten entstanden sind.

Das siegreiche Preußen hat sich nach der Niederlage Österreichs im deutschen Bruderkrieg 1866 für die Großdeutsche Lösung, also einen Bundesstaat aus den deutschen und österreichischen Staaten, entschieden und der so entstandene Deutsche Bund hat sich mit dem Britischen Empire auf eine Teilung der Einflusssphären geeinigt. Also: Britannia Rules the Waves, Deutschland dominiert – auf friedliche Weise – den europäischen Kontinent.

Die beiden nordamerikanischen Staaten haben ihre Kraft mehr nach innen gerichtet, auf eine Expansion in den pazifischen Raum (Philippinen, Hawaii) verzichtet und insgesamt notgedrungen eine weniger imperialistische Haltung eingenommen als in unserer Welt, was es wiederum Japan ermöglicht hat, ungehindert seine Expansion in Richtung China und den pazifischen Raum zu betreiben, um so den Mangel an eigenen Rohstoffen zu kompensieren.

Aus dieser Konstellation hat sich eine etwas friedlichere Weltordnung entwickelt, eine, in der der Völkerbund als eine Art frühe UNO unter der Führung miteinander nicht (so intensiv) konkurrierender Großmächte das Kolonialzeitalter früher und weniger blutig beenden konnte. Die Theorie, wonach technischer Fortschritt ausschließlich eine Konsequenz von Kriegen ist, ist nicht bewiesen. In meiner neuen Heimatwelt jedenfalls hat sich auch unter friedlicheren Begleitumständen ein, wie ich finde, etwas menschlicheres, jedenfalls friedlicheres Nebeneinander der Menschen im Rahmen einer technisch sogar etwas höher entwickelten Zivilisation bei gerechterer Verteilung der Ressourcen ergeben.

Ein Paradies ist sie natürlich dennoch nicht, denn auch in ihr leben Menschen mit all ihren Mängeln und Fehlern, und auch sie kommt  natürlich nicht ganz ohne Konflikte aus, wie man das ja den vorangegangenen Kapiteln entnehmen konnte.

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Geschichtlicher Hintergrund

Bei der Vorbereitung des Romans habe ich mir den geschichtlichen Hintergrund etwas ausführlicher ausgedacht und möchte ihn dem interessierten Leser nicht vorenthalten:

GAELIA

Weltuntergang

Um das Jahr 1000 ging in einer anderen Zeitlinie die Welt wirklich unter. Ein Meteor traf in den Pazifik und die gewaltige Flutwelle und die zahlreichen Meteoriten, die sich beim Eindringen in die Atmosphäre ablösten und Feuerstürme auslösten, führten zur Vernichtung fast der ganzen Menschheit. Der darauf folgende jahrelange »Winter« tat das Seine dazu, sodass nur in einigen entlegenen Bergregionen einige wenige Menschen überlebten und im Laufe der folgenden Jahrhunderte die bis dahin errungenen zivilisatorischen Erkenntnisse fast völlig verloren, also praktisch auf Steinzeitniveau zurückgeworfen wurden.

Die Überlebenden

Eine überlebende Gruppe im schottischen Hochland gehörte zu den Überlebenden und arbeitete sich im Laufe von fünfhundert Jahren wieder auf das Niveau der Bronzezeit hoch, verließ dann aber seine unwirtliche Heimat und siedelte sich im Seinetal an. Die Stammesgeschicke wurden von so genannten Druiden geleitet, schriftliche Überlieferungen gab es nicht, die Geschichte des Stammes wurde in mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation weitergegeben. Im Sinne einer Zeitrechnung begann der »Kult der Stäbe« – Holzstäbe, in die jedes Jahr Kerben eingeschnitten wurden, und die bei der Rezitation der »Geschichte« als Hilfsmittel dienten. Jedes Jahrhundert wurde ein neuer Stab begonnen, die „Bewahrer der Stäbe“ entwickelten sich zu einer religiösen Kaste mit hohem Ansehen und großer informeller Macht.

Unter den Stammesangehörigen entwickelte sich bei einigen wenigen telepathische Begabung, und gegen Ende des 18. Jahrhunderts (unserer Zeitrechnung) nahm ein psibegabtes Mädchen zunächst in Träumen, dann sogar körperlich Kontakt mit einer Parallelwelt (der unseren) auf. Bald stellte sich heraus, dass sie nicht die Einzige war, die dieses Talent besaß, und die Druiden begannen in »selektiver Züchtung«, das Talent zur »Dimensionsversetzung«, dem »Rutsch«, zu hegen, nicht zuletzt weil sei erkannt hatten, dass die Anderweltler fortgeschritten waren und man dort vielleicht nützliche Erkenntnisse, möglicherweise auch nützliche körperliche Gegenstände holen konnte. Dass mit dem Talent zum Dimensionssprung auch gewisse präkognitive und telepathische Fähigkeiten gekoppelt waren, kommt diesem Vorhaben zustatten.

Insbesondere die Übernahme medizinischer Verfahren aus der Anderwelt – zu der bald eine zweite kam, als sich die »Europawelt« von der »Amerikawelt« abspaltete und sich als friedlicher und somit für weitere Kontakte vielversprechender erwies – führte zu einer merklichen Steigerung des Lebensstandards insbesondere durch Verringerung der Säuglingssterblichkeit und allgemein verbesserter medizinischer Versorgung.

Die Erforschung der Nachbarwelten führte die Gäler zu dem Entschluss, dies systematisch zu tun. Die erforderlichen Mittel verschafften sie sich durch Nutzung präkognitiver Fähigkeiten, die es ihnen ermöglichten, aus zunächst meist Rennwetten, später, nach Verfeinerung der Mittel und dem Erwerb einiger Erfahrung, durch Börsenspekulation und wirtschaftliche Aktivitäten, etwa dem Betrieb von Krankenhäusern, die zugleich als Stützpunkte genutzt wurden.

Konflikt

Je intensiver sich die Gäler mit den umliegenden ihnen zugänglichen Welten befassten, umso mehr entwickelten sich zwei miteinander im Konflikt liegende Parteien – Clubs –, von denen eine darauf drängte, den Kontakt mit den Anderwelten aufzugeben und sich ganz der eigenen Entwicklung in einer naturbezogenen Welt zu widmen, während die Gegenpartei sich intensiv mit den Nachbarwelten beschäftigen, daraus Nutzen ziehen und auch versuchen wollte, Einfluss auf sie zu gewinnen.

1920 entscheidet sich der Stamm der Gäler mehrheitlich dafür, die Verbindung zu den Anderwelten aufrechtzuerhalten, ja sogar auszubauen. Die Gruppe um Untax unterliegt, trägt aber die Entscheidung mit. Dennoch kommt es in den darauf folgenden Jahren immer wieder zu Manifestationen von Neid, auch zu Zwistigkeiten zwischen den Vertretern einer Öffnung zu den Anderwelten und den Traditionalisten, kurz »Tradis« genannt.

Schließlich findet sich ein charismatischer Führer der konservativen Bewegung, der langfristig plant und – den eigenen Prinzipien zum Trotz – in der Anderwelt Germania eine Zelle aufbaut. Er hält das für notwendig, um Waffengleichheit herzustellen, insbesondere auch wegen der modernen Verkehrs- und Kommunikationsmethoden.

Einig sind sich beide Parteien darin, dass die eigenen Existenz gegenüber den Bewohnern der Anderwelten geheim gehalten werden muss. Abweichler, also Stammesangehörige, die mit Bewohnern der Anderwelten »fraternisieren«, werden bestraft, was dazu führt, dass solche Abweichler regelmäßig »in den Untergrund« gehen.

Die Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien strebt zum Zeitpunkt meiner Erlebnisse einem Höhepunkt, möglicherweise einer Entscheidung zu.

Andere Welten

Den Gälern sind offiziell folgende Welten bekannt (wie weit einzelne Individuen auch in andere Parallelwelten gelangt und dort möglicherweise geblieben oder auch umgekommen sind, ist nicht bekannt):

Unsere Welt – von den Gälern als Amerikawelt bezeichnet, vermutlich wegen der Dominanz, die die USA zumindest im zwanzigsten Jahrhundert weltweit ausgeübt haben.

Roma Aeterna – Rom hat Europa bis zur Nordsee und jenseits der Elbe kolonisiert, die kath. Kirche als Staatskirche hat sich selbst reformiert, keine Reformation Luthers.

Die Europawelt, mit der sich dies Zeilen ja ausführlich befassen und  die auf den folgenden Seiten näher beleuchtet wird.

GESCHICHTE DER EUROPAWELT SEIT   1860

Im US Bürgerkrieg brechen die USA auseinander

Nach dem gescheiterten Versuch der Unionstruppen, im Mai 1863 die Stadt Vicksburg zu erobern, einer Schlacht, in der beide Seiten blutige Verluste erlitten hatten, kam es zu einer Meuterei unter den Truppen der Union, die sich weigerten, weiter gegen ihre »Brothers in Butternut Uniform« zu kämpfen. Diese Meuterei erfasste ein ganzes Bataillon, worauf dessen Kommandeur, um ein Exempel zu statuieren, eine ganze Kompanie wegen Befehlsverweigerung standrechtlich erschießen ließ.

Diese Maßnahme löste im ganzen Land, auf beiden Seiten der Fronten, so große Empörung aus, dass sich in der Folge ganze Heeresgruppen mit den Meuterern solidarisch erklärten und die Feindseligkeiten einstellten. Der Bataillonskommandeur, Oberst Andrew Turner, erwarb sich mit seiner Tat traurigen Ruhm und ging als der »Henker von Vicksburg« in die Geschichte ein. Ein Militärgericht musste ihn angesichts der Gesetzeslage zwar freisprechen, er beging aber zwei Jahre nach seiner Tat Selbstmord.

In der Folge kam es zu einem Treffen der beiden Präsidenten, Abraham Lincoln und Jefferson Davis, im Beisein von deren führenden Generälen, die sich schließlich auf einen Waffenstillstand verständigten. Zu den Friedensverhandlungen auf neutralem Grund, den britischen Bermudas, luden die beiden kriegführenden Parteien – ein absolutes Novum in der Kriegsgeschichte – als »unparteiischen Schlichter« den preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck ein, der sich in den vorangegangenen Jahren durch seine kluge Bündnispolitik in Europa einen Namen gemacht hatte.

Nach einer Woche intensiver Verhandlungen entstand ein Waffenstillstandsabkommen, das beide Parteien zur sofortigen Einstellung aller Feindseligkeiten, Rückzug der Truppen auf die Vorkriegsgrenzen, Anerkennung der Demarkationslinie und Wiederherstellung des Status quo verpflichtete; wenn man so will, also ein Sieg der Südstaaten, die ja ihre Kriegsziele damit durchsetzen konnten, sich allerdings verpflichten mussten, binnen zehn Jahren alle Sklaven, die dies wünschten, freizulassen und keine neuen Sklaven mehr zu kaufen.

Trotz aller Skepsis, mit der dieses Verhandlungsergebnis weltweit betrachtet wurde, war damit der Krieg, dessen Parteien von den europäischen Großmächten in nicht unbeträchtlichem Maße unterstützt worden waren, beendet. Großbritannien hatte die Südstaaten unterstützt, um die wachsende Wirtschaftsmacht des Nordens zu zügeln, Deutschland und Frankreich hatten sich in damals in seltener Einmütigkeit auf die Seite der Union geschlagen, um ein Gegengewicht gegen das weltweit übermächtige britische Empire zu fördern.

Das Prestige Bismarcks und damit Preußens wuchs nach diesem Verhandlungserfolg gewaltig.

Preussen und das Habsburgerreich erneuern den Deutschen Bund

Im Juli 1866 errangen die preußischen Truppen bei Königgrätz einen vernichtenden Sieg über die österreichischen Truppen und festigten damit die Führungsrolle Preußens unter den deutschen Staaten. Damit wäre der von Preußen angestrebten »kleindeutschen« Lösung nichts mehr im Wege gestanden – umso verblüffender war daher, dass Preußen in den Friedensverhandlungen  Österreich ein »Codominium« im Deutschen Bund anbot und dabei lediglich die Bedingung stellte, dass der Preußische König Wilhelm II. als künftiger deutscher Kaiser und Präsident des Deutschen Bundes die (auch protokollarische) Priorität genießen sollte.

Nach Ansicht gut informierter Beobachter ist diese eindeutige Abkehr von seiner bisherigen Politik, die ja eine Trennung der beiden Reiche zum Ziel hatte, in hohem Maße Erkenntnissen aus seiner Vermittlerrolle in den Friedensgesprächen zwischen den Nord – und Südstaaten der ehemaligen USA geschuldet. Es heißt, Bismarck sei wohl bewusst gewesen, dass die Teilung der Vereinigten Staaten zumindest mittelfristig das Entstehen einer neuen Weltmacht auf dem amerikanischen Kontinent verhindern würde, was er  im Sinne der künftigen  deutschen Rolle in der Weltpolitik durchaus billigend in Kauf nahm.

Der österreichische Kaiser, Franz Joseph I., leistete gegen diese Lösung zunächst ebenso erbitterten Widerstand wie der preußische König (und künftige deutsche Kaiser). Franz Josef I. musste sich jedoch dem Druck der Straße beugen, da das Volk in Wien mit Aufstand drohte, während Wilhelm II. sich schließlich dem Drängen seines Sohnes, des Kronprinzen und künftigen Kaisers Friedrich III., beugte, der im Krieg ein siegreiches Armeekorps geführt hatte und sich in dieser Krise erstmals auch als ernst zu nehmender politischer Faktor erwiesen hatte.

Der klugen Politik Bismarcks gelang es in den darauf folgenden Jahren, sowohl die größeren Staaten des neu belebten Staatenbundes, also Bayern, Württemberg, Sachsen ebenso wie Provinzen des habsburgischen Vielvölkerstaates, zu einen und die vielen Kleinstaaten des Reiches zur Aufgabe gewisser Souveränitätsrechte zu bewegen. Andere Staaten des Habsburger Reiches erlangten eingeschränkte Souveränitätsrechte und die Zusage, bei einer in zehn Jahren geplanten paneuropäischen Konferenz  Deutschlands Unterstützung bei der Verwirklichung der Eigenstaatlichkeit zu erhalten.

Dass das Erstarken Deutschlands Misstrauen unter den andern europäischen Großmächten aufkommen ließ, also Frankreich, Russland und dem Britischen Empire, liegt nahe. Die Entscheidung für zwei Regierungssitze in Berlin und Wien und eine mit Augenmaß betriebene föderalistische Politik, also der Verzicht auf zentralistische Bestrebungen, sorgte dafür, dass dieses Misstrauen in Grenzen blieb.

Dennoch kam es drei Jahre nach der Neugründung des Bundes, im Jahre 1870, zu Unruhen im französischen Elsaß-Lothringen, wo deutschsprachige Separatisten eine Loslösung von Frankreich und den Beitritt zum Deutschen Bund anstrebten. Paris entsandte Militär, um den Aufstand zu unterdrücken, worauf der Deutsche Bund Frankreich den Krieg erklärte, in einer Blitzaktion bis Sedan vorrückte und dort den hastig zusammengezogenen französischen Truppen eine vernichtende Niederlage bereitete. Kaiser Napoleon III. blieb keine andere Wahl als die Kapitulation, was freilich dazu führte, dass die Opposition in Paris ihn für abgesetzt erklärte und die Republik ausrief. Die neue Regierung unter Emile Olivier kündigte den Waffenstillstand auf, musste jedoch wenig später ebenfalls kapitulieren, weil die deutschen Verbände erneut blitzartig vorgerückt waren und einen Belagerungsring um Paris errichtet hatten.

In den sich anschließenden Verhandlungen verblüffte Bismarck die Welt erneut, indem er Frankreich überaus faire Bedingungen anbot, auf Kriegsentschädigungen jeglicher Art verzichtete und lediglich auf einen gegenseitigen, auf zwanzig Jahre befristeten Nichtangriffspakt drängte.

Kaiser Wilhelm II. bei Attentat getötet

1878 wurde auf den deutschen Kaiser Wilhelm II. ein Attentat verübt, bei dem er den Tod fand. Sein liberalen Grundsätzen zuneigender Sohn trat als Kaiser Friedrich III. seine Nachfolge an. Er genoss den Respekt Bismarcks, der sich ihm in stärkerem Maße unterordnet, als dies gegenüber dem schwachen Wilhelm II. der Fall gewesen wäre. Im gelegentlich kontroversen Zusammenwirken der beiden Führungspersönlichkeiten wird allmählich die deutsche Verfassung liberalisiert und werden wesentliche soziale Probleme gelöst, sodass man jetzt die Staatsform mit Fug und Recht als konstitutionelle Monarchie bezeichnen kann.

Friedrich, der stets ein besonders gutes Verhältnis zu seiner Mutter, Queen Victoria und dem britischen Königshaus unterhielt, gelingt es einen Interessenausgleich zwischen der Weltmacht Britisches Empire und der neuen kontinentaleuropäischen Hegemonialmacht herbeizuführen, in dem er Deutschland auf Einschränkungen im Flottenbau verpflichtet und sich mit Großbritannien auf Anerkennung der jeweiligen Einflusssphären verständigt, also auf eine Ausdehnung deutscher Interessen im außereuropäischen Raum verzichtet und dafür de facto als europäische Hegemonialmacht anerkannt wird.

In Nordamerika waren inzwischen Kampfhandlungen zwischen den vom Empire in Kanada stationierten britischen Verbänden und den noch nicht demobilisierten Unionstruppen ausgebrochen. Das Empire hatte handstreichartig das Territorium Oregon überfallen und annektiert und damit den Norden weiter geschwächt.

Ehe die Kampfhandlungen sich jedoch ausbreiten konnten, hatte der britische Premier Gladstone erklärt, die Kriegsziele des Empire seien damit erreicht, und zugleich den UNS eine großzügige Entschädigung für das annektierte Staatsgebiet angeboten.

Damit gingen die kriegerischen Verwicklungen des ereignisreichen Jahrzehnts von 1861 bis 1872 zu Ende, und die Karte der Welt hatte sich verändert. Der Deutsche Bund hatte sich aus einer rein europäischen Großmacht in einen maßgebenden Akteur auf der Weltbühne verwandelt, eine andere Großmacht im Kommen, die USA, hatte zwei Drittel ihres Territoriums verloren und war für die vorhersehbare Zukunft aus dem Kreis der Weltmächte ausgeschieden.

Weltweite Wirtschaftblüte

Die darauf folgenden dreißig Jahre waren ein Zeitalter schier grenzenlosen Wirtschaftswachstums. Auf der Welt herrschte Friede, Telegraf, Eisenbahn und Dampfschifffahrt sorgten für schnelle Verbindungen zwischen den Weltmetropolen und der internationale Handel blühte auf. Dass maßvolle Friedensschlüsse auf zwei Kontinenten Aussicht auf anhaltenden Weltfrieden boten, trug zur allgemeinen Aufbruchsstimmung bei.

Die Großmächte waren alle mit der Konsolidierung ihres Machtbereichs und dem Bestreben beschäftigt, ihrer politischen Bedeutung entsprechende Wirtschaftskraft zu entwickeln oder zu sichern.

Das Britische Empire hatte eine Machtverschiebung auf dem Kontinent hinnehmen müssen, wo der Deutsche Bund jetzt eine unbestrittene Führungsrolle einnahm, und bemühte sich mit Erfolg um gute Beziehungen zu dem im Krimkrieg gedemütigten Zarenreich. Die gemeinsame Erschließung Alaskas, das Kanada 1869 von Russland erworben hatte, bot hier einen ersten konkreten Anlass.

Auf dem amerikanischen Kontinent vertiefte das Empire seine Beziehungen zum Dominion Kanada und nutzte die Schwäche der vom Ausgang des Bürgerkriegs kurzzeitig in eine Art Starre versetzten USA dazu, handstreichartig in den Nachbarstaat Oregon einzufallen und diesen zu annektieren.

Der Deutsche Bund war mit der Neuordnung seiner internen Grenzen, der Reorganisation der deutschen Kleinstaaten und des habsburgischen Vielvölkergemenges beschäftigt, was angesichts der boomenden Wirtschaft keine zu große Mühe bereitete, solange nur den vielen Duodezfürsten ihre prestigereichen Schlösser und Throne erhalten blieben. Die große Erfahrung der Österreich-Ungarischen Verwaltung in der Führung eines mehrsprachigen Völkergemeinschaft leistete hier wertvolle Dienste.

Revolution in der Türkei, Reformen in Russland

1915 kam es zu einer Revolution in Istanbul, in der das seit Jahrzehnten geschwächte osmanische Reich zu zerbrechen drohte, was zu einer Destabilisierung der ganzen Region geführt hätte. Jetzt sollte sich die deutsch-britische Übereinkunft zum ersten Mal bewähren. Ein deutsch-französisch-britisches Expeditionskorps stieß vom britischen Flottenstützpunkt Malta blitzschnell zu den Dardanellen vor, nahm die Festung Gallipoli ein und drohte den Aufständischen mit Blockade. Das Unternehmen lief fast ohne Blutvergießen ab, auf alliierter Seite fielen nur sechs Infanteristen bei der Sprengung einer Brücke, und eine republikanische Regierung unter dem erst 29-jährigen Mustafa Kemal, der später den Beinamen Atatürk erhielt, wurde eingesetzt.

Eine Konferenz in Berlin unter Vorsitz des deutschen Kanzlers von Bethmann-Hohlweg und des britischen Premiers Lloyd George ordnete unter Mitwirkung der beteiligten Provinzen des osmanischen Reiches die Grenzen der Nachfolgestaaten, eine Neuordnung, die sich bis in unsere Tage trotz recht unterschiedlicher Interessen der Teilnehmer und gelegentlicher religiöser Spannungen gehalten hat.

Zu Anfang der zwanziger Jahre des neuen Jahrhunderts kam es zu erneuten Reibungen mit Frankreich, das sich aber dank einer nachhaltig geschickten Bündnispolitik des Deutschen Bundes isoliert sah und vergebens auf Unterstützung seitens des russischen Zarenreiches hoffte. Der Krieg mit Frankreich, meist als Sechstagekrieg bezeichnet, dauerte wie der Name sagt, nur sechs Tage und dokumentierte aufs Neue die Überlegenheit der deutschen Militärmacht.

Der russische Zar hatte die Zeichen der Zeit richtig erkannt und bereits um die Jahrhundertwende mit vorsichtigen Liberalisierungsmaßnahmen begonnen, wobei insbesondere eine Bodenreform die Herrschaft der Großgrundbesitzer über die Landbevölkerung beendete und damit viel zum Abbau der sozialen Spannungen beitrug. Vermutlich unter dem Eindruck der Gräuel der türkischen Revolution und eines kurz darauf ausgebrochenen Aufstands in Sibiriens wuchs am Zarenhof die Erkenntnis, dass eine absolutistische Monarchie  dem Untergang geweiht war, was den Zaren dazu veranlasste, seinem Land eine neue Verfassung zu geben und es in eine konstitutionelle Monarchie nach dem Vorbild des deutschen Bundes umzuwandeln. Im Jahr 1920 konnte die zivilisierte Welt, sieht man von kleineren Scharmützeln und Kämpfen auf dem afrikanischen und südamerikanischen Kontinent und dem Sechstagekrieg zwischen dem Deutschen Bund und Frankreich ab, der eher den Charakter einer Polizeiaktion hatte und bei dem auf beiden Seiten nicht einmal fünfzig Gefallene zu beklagen waren, auf vierzig Jahre ungebrochenen Friedens zurückblicken. In Nordamerika hatten sich die Union und die Konföderierten Staaten arrangiert und mit Nachdruck den Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Städte und Fabrikanlagen betrieben.

Kalifornien erklärt seine Selbständigkeit

1910 trat Kalifornien aus den UNS aus, ein Schritt der im Friedensvertrag zwischen der Union und der Konföderation ausdrücklich jedem einzelnen Bundesstaat auf die Dauer von 50 Jahren zugestanden worden war. Eine Anzahl von Gliedstaaten des ehemaligen Utah Territoriums schlossen sich an und bildeten zusammen das Commonwealth of California (COC). Gleichzeitig formierten sich die Stämme der Ute und Navajo  zu einem eigenen souveränen Staatswesen, dessen Territorium zwischen den drei Nachfolgestaaten der ehemaligen USA eingebettet ist und das sich in Anlehnung an die alte Stammesbezeichnung der Navajo – Diné, das Volk –  als Dinétah bezeichnete. Dieser Indianerstaat ist infolge reicher Uranvorkommen wirtschaftlich weitgehend autark  und übt auf seinem Territorium volle Souveränität aus, ausgenommen die Außenpolitik, in der es vom COC vertreten wird. Bald darauf setzte im Westen des Subkontinents ein Boom ein, der auch den beiden anderen Nachfolgestaaten der USA zugutekam. In der Folgezeit setzen Bemühungen ein, aus den Nachfolgestaaten der USA und Mexiko eine Zollunion nach dem Vorbild der Vorgängerorganisation des Deutschen Bundes zu gründen, was weiter zur Förderung des Wirtschaftsklimas beitrug.

 Beginn des Atomzeitalters und Gründung des Völkerbundes

1910 gelang deutschen Wissenschaftlern eine erste kontrollierte Atomspaltung und nur wenige Jahre später gingen die ersten Heißwassergeneratoren auf Uranbasis ans Netz. 1915 zündete die deutsche Luftwaffe auf einem Süseeatoll im Bismarck-Archipel im Beisein dazu eingeladener Militärs aller maßgebenden Staaten eine Atombombe, um deren verheerendes Vernichtungspotenzial zu demonstrieren, und verpflichtete sich zugleich feierlich, diese Waffe nur im Verteidigungsfall zu nutzen.

Nebenweit Landkarte Internet

Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung der einzelnen Volkswirtschaften durch den internationalen Handel führten schließlich dazu, dass sich maßgebende Staatsmänner in Europa und Amerika, insbesondere der britische Premierminister Winston Churchill und sein deutscher Kollege Walter Rathenau, um eine engere und formalisierte Zusammenarbeit der Staaten bemühten, was schließlich 1922 zur Gründung des Völkerbundes in Genf führte.

Dieser zunächst losen Gruppierung gehörten als Gründungsmitglieder der Deutsche Bund, Frankreich, Italien, das Britische Empire, die drei nordamerikanischen Staaten und als wirtschaftlich stärkste Macht Asiens das Kaiserreich Japan an. Die Gründungsstaaten hatten sich vertraglich verpflichtet, auf den Krieg als Mittel zur Durchsetzung internationaler Streitigkeiten zu verzichten und Kriege jedweder Art zu ächten, also auch aktiv in Streitigkeiten nicht dem Völkerbund angehörender Staaten einzugreifen. Dazu stellten die Mitgliedsstaaten dem Völkerbund militärische Kontingente zur Verfügung, die als stehende Eingreiftruppe von Berufssoldaten in den einzelnen Staaten bereitgehalten wurden. Deutschland übergab dem Völkerbund die Pläne zur Herstellung von Atomwaffen und einen Teil seines Atomwaffenarsenals. Ein Lenkungsausschuss aus den drei Großmächten Deutscher Bund, Vereinigtes Königreich und Frankreich als ständigen Mitgliedern und sechs weiteren, jeweils auf zwei Jahre gewählten Mittelmächten führte die von einem Generalsekretär geleitete Organisation. Sitz der Organisation war Genf, wo sich bald auch eine Anzahl wissenschaftlicher Organisationen ansiedelten, die vom Völkerbund finanziell unterstützt wurden.

Saubere Atomkraft – Beginn des Weltraumzeitalters

Angesichts des wachsenden Energiebedarfs in den Industriestaaten erkannte man bald, dass eine nachhaltige Nutzung der Atomenergie nur im Rahmen der Fusionstechnologie Erfolg versprechend war, was dazu führte, dass Frankreich und Deutschland ein gemeinsames Forschungsprojekt ins Leben riefen, das 1940 erste großtechnisch verwertbare Ergebnisse lieferte. Wenige Jahre später, 1948, startete von der französischen Besitzung Kourou aus die erste Stufenrakete zum Mond, wo der deutsche Wissenschaftler Wernher von Braun die Flagge des Völkerbunds hisste.

Als politisches Ziel hatte sich der Völkerbund die Selbstbestimmung aller Völker und die Abschaffung der Kolonialherrschaft gesetzt, einer Wirtschaftsform, die sich mit wachsendem allgemeinem Wohlstand und zunehmendem Freiheitsbedürfnis der Bevölkerung der Kolonien offenkundig überlebt hatte.

Ende der Kolonialzeit

Der Lenkungsausschuss beschloss daher im Jahre 1944 mit großer Mehrheit der Mitgliedsstaaten, dass im Laufe von zwanzig Jahren sämtlichen Staaten der Erde die uneingeschränkte Selbstbestimmung einzuräumen sei. In den Kolonien sollte durch Volksabstimmung und demokratische Wahlen entschieden werden, ob die Kolonie künftig gleichberechtigte Provinz der bisherigen Kolonialmacht bleiben oder völlige Selbständigkeit erlangen wollte. In letzterem Fall waren die Kolonialmächte verpflichtet, weitere zehn Jahre aktiv am Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur politischer wie wirtschaftlicher Art mitzuwirken.

Abgesehen von einigen meist religiös bedingten Konflikten in Regionen mit stark heterogener Bevölkerung wie Indien oder einigen afrikanischen Staaten vollzog sich die Umstrukturierung einigermaßen friedlich, in Krisenregionen sorgten die Streitkräfte des Völkerbundes dafür, dass sich etwa erforderliche ethnische Trennungen einigermaßen friedlich vollzogen.

Die vielleicht bedeutendste politische Entscheidung war die des russischen Zarenreichs, die östlich des Ural und in der Kaukasusregion gelegenen Provinzen in die Unabhängigkeit zu entlassen, obwohl es sich dabei formal nicht um Kolonien gehandelt hatte, eine Maßnahme, die zu einem erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung in den betroffenen, jetzt von der Moskauer Zentralbürokratie befreiten, neuen autonomen Staaten führte.

Am Ende der Periode, also 1974, zeigte die Landkarte der Welt ein stark verändertes Bild: Neue Grenzen waren entstanden, größere Staatengebilde hatten sich aufgelöst und in kleinere Einheiten zergliedert, andererseits waren Gruppierungen mit gemeinschaftlichen Interessen, einer Zollunion und einheitlicher Währung entstanden.

Weltkarte

Gründung des Völkerbundes – Bildung einer Friedenstruppe

Der Erkenntnis folgend, dass sich nicht alle Konflikte auf dem Verhandlungswege lösen lassen, hatte der Lenkungsausschuss des Völkerbundes schon sehr früh beschlossen, eine kleine schlagkräftige Militäreinheit unter dem Kommando des Generalsekretärs aufzustellen, die auf Mehrheitsbeschluss der Vollversammlung in Krisengebieten mit militärischen Machtmitteln eingreifen, Konfliktparteien trennen, die Bevölkerung schützen und mutmaßliche Kriegsverbrecher in Gewahrsam und einer internationalen Gerichtsbarkeit zuführen durfte. Die »Friedenstruppe« (Peace Legion und Legion de la Paix genannt), die sich zunächst aus den Einheiten der französischen Fremdenlegion rekrutierte, wurde bald durch nationale Kontingente der Mitgliedsstaaten, vorzugsweise der Großmächte ergänzt und mit modernstem Kriegsgerät einschließlich Atomwaffen ausgerüstet. Sie verfügt über weltweit an strategisch wichtigen Punkten kasernierte Garnisonen; bei der Besetzung hoher Kommandostellen wird sorgfältig auf nationale Ausgewogenheit geachtet, um bei erforderlichen Einsätzen gegen Mitgliedstaaten Interessenkonflikte zu vermeiden. Die Mitgliedschaft von Staaten, gegen die Militäraktionen beschlossen werden, ruht für die Dauer des Konfliktfalles.

Eine erste Bewährungsprobe musste die Friedenstruppe beim Angriff Japans auf die Chinesische Republik im Jahre 1938 bestehen, den sie nicht verhindern konnte – Japan war blitzartig mit modernsten Panzereinheiten mit massiver Unterstützung aus der Luft auf dem chinesischen Festland eingefallen und hatte binnen zwei Wochen beinahe ein Drittel des chinesischen Staatsgebietes einschließlich der rohstoffreichen Mandschurei unter seine Kontrolle gebracht. Bei den Kämpfen fand der chinesische Warlord  Mao Tse Tung den Tod. Die von von Garnisonen der Friedenstruppe des Völkerbundes in Australien und Kanada sowie Sibirien eingesetzten Blauhelmtruppen landeten schließlich an mehreren Stellen im Frontverlauf und brachten den japanischen Vormarsch mit Waffengewalt zum Stillstand und erzwangen einen Waffenstillstand.

Dass es dem Völkerbund nicht gelang, Japan zur Wiederherstellung des Vorkriegszustandes zu bewegen, und China sich schließlich einem Diktatfrieden Tokios unterwerfen und ein Marionettenregime akzeptieren musste, was das Riesenreich praktisch zu einer Kolonie Japans machte, hätte beinahe zum Auseinanderbrechen des Völkerbundes geführt, und es ist nur dem entschlossenen Eingreifen Britannias und der Europäischen Föderation zu verdanken, dass diese im Grunde segensreiche Völkervereinigung damals nicht zerbrach. Um die Jahrtausendwende hatte sich die Lage in den von Japan teils annektierten, teils de facto zu Protektoraten gemachten Staaten so weit beruhigt, dass der Völkerbund einem Wiederaufnahmeantrag Japans stattgab.

Das Gleichgewicht der Mächte im asiatischen Großraum konnte dadurch erhalten werden, dass Hindustan, hervorgegangen aus Britisch-Indien, dank des segensreichen Wirkens kluger britischer Vizekönige während der zwanzig Jahre dauernden Entkolonialisierung zu einem geregelten Miteinander der verschiedenen Religionsgemeinschaften gekommen war und die von Großbritannien eingeführten demokratischen Regierungsprinzipien den Bedürfnissen des Vielvölkerstaates angepasst hatte. Vom Völkerbund, insbesondere der ehemaligen Kolonialmacht, tatkräftig unterstützt, konnte Hindustan eine auf dem Weltmarkt konkurrenzfähige Industrie und eine schlagkräftige Militärmacht aufbauen und sich damit wirtschaftlich wie politisch zur De-facto-Hegemonialmacht unter den rohstoffreichen, aber wirtschaftlich und politisch weniger hoch entwickelten Staaten südlich Sibiriens entwickeln.

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Ausschnitt aus Le Figaro vom 13. Juni 2015

Ausschnitt aus Le Figaro vom 13. Juni 2015

Zum einhundertsten Jubiläum der Gründung der Europäischen Föderation trafen sich am heutigen Mittwoch die Staatsoberhäupter und Regierungschefs aller vierzig Mitgliedsstaaten sowie ranghohe Vertreter wichtiger außereuropäischer Staaten und Organisationen zu einem Festgottesdienst in der Dresdener Frauenkirche.

Die 1722 erbaute Barockkirche bietet in ihren ehrwürdigen Mauern eine würdigen Rahmen für dieses denkwürdige Jubiläum eines politischen Akts von kaum zu überbietender Tragweite für die Geschichte unseres in vergangenen Jahrhunderten so grausam von Kriegen heimgesuchten Kontinents. Präsident Schröder widmete seine weltweit von allen Medien übertragene Festrede, die er im nahe gelegenen Europapalais, dem ehemaligen Zwinger des Sachsenkönigs August des Starken, hielt, den Vätern der Föderation, die es in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts geschafft hatten, die Völker und Nationen des Kontinents in einen zunächst losen Zoll- und Wirtschaftsverein zusammenzuführen, aus dem sich im Laufe der Jahrzehnte der heutige Staatenbund entwickelt hat.

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Rede des Historikers Dr. Hartmut Kohl

Rede des Historikers Dr. Hartmut Kohl

(Professor emeritus der Universität Mainz)
am 18. Juni 2015 in der Paulskirche in Frankfurt/Main zum zweihundertsten Gründungsjubiläum des Deutschen Bundes

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Seit 100 Jahren herrscht in Europa Frieden, eine Errungenschaft, die für die heutigen Menschen auf unserem Kontinent so selbstverständlich ist, dass niemand mehr sich der Gräuel erinnern kann, die der Kampf Mensch gegen Mensch, Nation gegen Nation früher in regelmäßiger Folge das Leben von Millionen und den Wohlstand ganzer Völker vernichtete.

Es gab in der Geschichte Philosophen, die den Streit zwischen den Völkern, den Krieg, als den normalen Zustand betrachteten, und wenn man in die Jahrhunderte zurückblickt, in denen Menschen ihre Geschichte aufgezeichnet haben, sei es auf Tontafeln, Papyrus oder elektronische Speichermedien, so muss man eingestehen, dass an dieser Ansicht etwas Wahres ist.

Wenn wir heute über die Grenzen unseres mit Frieden gesegneten Kontinents hinausblicken, können wir befriedigt feststellen, dass auch anderswo allmählich Kriege der Vergangenheit angehören und es allenfalls noch kleine, wenn auch blutige Scharmützel meist ideologischer Natur weitab von uns gibt. Doch lassen Sie uns nicht überheblich sein – dieser Friede ist uns nicht in den Schoß gefallen, ist nicht etwa eine logische Konsequenz der Entwicklung, sozusagen das Produkt einer aufgeklärten Gesinnung, die den Kampf mit Worten um die richtige Entscheidung dem mit Feuer und Schwert vorzieht.

Nein, lassen Sie uns dem Schicksal und unserem Schöpfer danken, dass diesem Kontinent zum richtigen Zeitpunkt Männer und Frauen beschieden waren, die mit Mut und Weitblick um die richtigen Entscheidungen gekämpft und die Gegner ihrer Ideen überzeugt haben.

Der letzte Krieg auf deutschem Boden liegt heute exakt 140 Jahre zurück. Die siegreiche Armee des Norddeutschen Bundes hatte die Armeen Österreichs besiegt, und nach der damals weithin herrschenden Logik des Handelns hätte der Sieger nun seinen Frieden diktieren, den bezwungenen Gegner in die Knie zwingen, ihm Reparationen und Gebietsforderungen aufdrücken und damit den ewigen Kreislauf von Sieg und Niederlage wieder einmal in Gang setzen können.

Dass der damalige Reichskanzler Bismarck sich gegen den Willen seines Kaisers, seiner eigenen Partei und der überwiegenden Volksmeinung durchgesetzt und Österreich die Wahrung des Status quo zugesagt hat, war eine Meisterleistung an Weitblick, wenn auch durchaus mit wohlerwogenem politischen Kalkül.

Kriegsziel des Norddeutschen Bundes war, zumindest berichten das die Chroniken, der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation durch die Armeen Napoleons im Jahre 1806 die völlige Loslösung »Deutschlands« – das ja damals nur eine Idee, keineswegs politische Realität war – aus dem Verbund des Reiches folgen zu lassen.

Dass Bismarck und seine Ratgeber eine Lösung fanden, die Österreich das Gesicht wahren ließ, die Habsburger Monarchie im neu gegründeten Süddeutschen Bund erhielt und dem neu gestalteten Norddeutschen Bund formale Gleichstellung sicherte, ebenfalls als Kaiserreich, wenn auch de facto als Hegemonialmacht, war eine kaum nachvollziehbare Meisterleistung der Kabinettsdiplomatie.

Die dabei entstandenen Verfassungen beider Staatswesen und der Bündnisvertrag, der die beiden aneinanderkettete, waren und sind so kompliziert, dass damals kaum jemand daran glaubte, dass sie auch in der Praxis funktionieren würden – dass sie es dennoch tun, ist ein Tribut an die politische Reife unseres Staatswesens und den Weitblick der Väter jener Vertragswerke.

Beinahe hätte ich gesagt Väter und Mütter, wie dies heute die politische Korrektheit erfordert – doch von einer Gleichberechtigung der Geschlechter war man damals noch ebenso weit entfernt wie von sozialer Gerechtigkeit im heutigen Sinne.

Diese begann als zweiter Baustein im Fundament unseres heutigen Friedens Anfang der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts als Preußen die allgemeine Krankenversicherung einführte – zunächst nicht als soziales ›Geschenk‹ an die Massen, sondern als Mittel zur Abwehr des aufkeimenden Sozialismus, den Bismarck stets als Grundübel betrachtete, ohne zu erkennen, das ein Staatswesen ohne soziale Gerechtigkeit dem Untergang geweiht ist.

Österreich zog wenige Jahre später nach, und heute gibt es im ganzen Deutschen Bund niemanden, der sich nicht hundertprozentig auf das Funktionieren eines engmaschigen sozialen Netzes verlassen kann. Dass die mit uns in der Europäischen Föderation verbundenen Nachbarländer inzwischen diese Regelungen weitgehend ebenfalls übernommen haben, sei an dieser Stelle nur nebenbei erwähnt.

Ich laufe jetzt Gefahr, als blinder Verteidiger Bismarcks betrachtet zu werden, wenn ich auch noch seine kluge Politik nach dem siegreichen Abschluss des so genannten Sechstagekrieges zwischen dem Deutschen Bund und Frankreich lobe, eine Politik, die zweifellos auch stark dem Einfluss Kaiser Friedrichs III. zuzuschreiben ist, Tatsache ist aber, dass mit diesem kurzen unblutigem Sieg die Grundlagen für die spätere europäische Einigung und schließlich die Gründung der Europäischen Union gelegt wurden.

Und diesem Kaiser, der 1878 nach dem Tod seines Vaters durch die Kugel eines Attentäters die Kaiserwürde erlangte, ist es geschuldet, dass Deutschland schließlich eine echte konstitutionelle Monarchie mit vollen demokratischen Rechten seiner Bevölkerung wurde. Bedenkt man dann noch die Rolle, die dieser Monarch, nicht zuletzt auch dank familiärer Bande zum britischen Königshaus, im Interessenausgleich zwischen der neu entstanden europäischen Hegemonialmacht Deutscher Bund und dem damals noch existierenden Britischen Empire spielte, so wird ihm niemand seinen Platz unter den Vätern Europas neben Bismarck, Rathenau und de Gaulle streitig machen …

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Geschichtstabellen

 Geschichte der Europawelt ab 1860
1860 bis 1870 1864: Patt im US-Sezessionskrieg führt zur Bildung zweier unabhängiger Staaten, der Union of Northamerican States (UNS) und der Confederate States of America (CSA), zu denen später noch das Commonwealth of California (COC) kommtBritisches Empire annektiert Gebiete im Oregon Territorium.1866: Preußen besiegt Österreich bei Königgrätz, erneuert aber den Deutschen Bund.

1870: Deutsch-Französischer Krieg

1870 bis 1900 1878: Kaiser Wilhelm I. bei Attentat getötet, Friedrich III. zum Kaiser gekrönt.Bismarcksche SozialgesetzeZahlreiche Fortschritte in der Produktions-, Verkehrs- und Kommunikationstechnik.Weltweiter Wirtschaftsaufschwung, beginnende Globalisierung1899: Weltfriedenskonferenz in Den Haag. Deutschland wird Hegemonialmacht in Europa.Restrukturierung der deutschen Bundesstaaten – »Nordreich/Südreich«.
1900 bis 1920 1904: erster Transatlantikflug1910: erste kontrollierte Atomspaltung in Berlin

1914: Aufnahme des interkontinentalen Luftverkehrs

1915: Demonstration einer Atombombe durch Deutschen Bund

1915: Gründung der Europäischen Föderation

1915: zum 100. Gründungsjubiläum des Deutschen Bundes geben sich die Bundesstaaten eine neue Verfassung

Liberalisierung im europäischen Russland

1915: Türkische Revolution, Auflösung des osmanischen Reiches

Aufstand in Sibirien, Loslösung vom Zarenreich

1916: kommerzielle TV-Sendungen

1920 bis 1950 1921: Sechstagekrieg zwischen dem Deutschen Bund und Frankreich

1922: Gründung des Völkerbundes

1922: erster Heißwasser-Atomreaktor geht in Leverkusen ans Netz

1925: Gründung des Weltkongresses der Gläubigen (Christliche und Jüdische Kirchen und Islam)

1940: erster kommerzieller Fusionsreaktor geht in Niedersachsen ans Netz

1944: Kongress zur Beendigung des Kolonialismus mit dem Beschluss, sämtliche Kolonien binnen 20 Jahren in die Selbstständigkeit zu entlassen.

In der Folge zahlreiche neue Staatsgründungen

1948: Wernher von Braun landet auf dem Mond

1949: Das britische Empire entlässt sämtlich Kolonien mit Ausnahme Kanadas,  Australiens und Neuseelands in die Unabhängigkeit und gründet das »United Kingdom of British Nations« (UKBN)

1950 bis 1974 1954: Fernsehsatelliten, Personalrechner

1968: Baubeginn der Internationalen Raumstation

1972: Weltkongress der monotheistischen Religionen in Jerusalem

1975 bis jetzt 1985: Gründung der internationalen Mondstation

1990: ethnische Unruhen in den Unionsstaaten östlich der Adria, Europaarmee übernimmt 10-jähriges Mandat

1992: europäische Sozialkonvention:

1992: Einführung des Bürgergeldes im Deutschen Bund

1995: 30-jähriges Thronjubiläum von Kaiser Franz Wilhelm II. von Habsburg-Hohenzollern

2001: Beginn der Erschließung des Asteroidengürtels

2002: Gründung einer Forschungsstation auf dem Mars

2008: Das wegen der Annexion von Teilen Chinas aus dem Völkerbund ausgeschlossene Japan wird wieder in diesen aufgenommen

Geschichte der Gälerwelt ab 1000

1000 Das Große Feuer 100 Menschen überleben
1500 Undanx führt das Volk, das zu der Zeit etwa 1000 Menschen umfasst, aus Schottland über den Ärmelkanal ins Tal der Sena und gründet dort auf den Ruinen von Luteta die Stadt neu.
1793 Das Mädchen Artix »rutscht« in die Europawelt, Alu Mantrax verhört sie und findet den Bericht glaubwürdig. Das Volk der Gäler umfasst jetzt 8.000 Menschen, die Luteta und die sechs nach Sonne, Mond, Feuer, Wasser, Regen und Luft benannten Dörfer bewohnen. Alu Mantrax ist Capo Druidum (Ratsoberster).
1810 Der junge Elax kehrt nach einem Jahr in der Anderwelt zurück und berichtet
1820 Gründung der ersten Schule in der Europawelt durch Alu Elax
1865 Die Pockenseuche fordert 10.000 Tote
1910 Einführung der allgemeinen Schulpflicht
1918 Gründung erster gälischer Firmen in der Europawelt
1919 Die Spanische Grippe fordert 30.000 Todesopfer. Nur 90.000 Gäler überleben.
1920 Meinungsverschiedenheiten zwischen Traditionalisten und Fortschrittlichen. Alu Burex spricht für die Fortschrittlichen, Alu Potax vertritt die Traditionalisten
1940 Edux wird von ›Eine Welt‹ rekrutiert
1960 Edux, inzwischen Alu Edux, verlegt den Stützpunkt von ›Eine Welt‹ in die Germaniawelt
1985 Antolax geht in die Germaniawelt
1993 Antolax nimmt an 50-Jahrfeier des deutschen Siegs bei Stalingrad teil
2008 Dupont gründet in Rosenheim Rehaklinik
2010 Antolax ist jetzt Standartenführer der SS und nennt sich Robert Falkenberg
jetzt Zeitrechnung nach Stäben abgeschafft, wird nur noch für kultische Zwecke gebraucht. Luteta einschließlich der sechs Dörfer umfasst knapp 200.000 Einwohner.No Telux ist Bewahrer der Stäbe, Alu Bolax ist Capo Druidum.
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Liste meiner Science-Fiction-Übersetzungen

Siehe Seite mit der Liste meiner Übersetzungen

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»Meine« Science Fiction

Dominik_DasStaehlerneGeheimnis_ScherlDer erste Science-Fiction-Roman in meinem Leben war Hans Dominiks Das stählerne Geheimnis.

Ich fand das Buch zerfleddert und ein wenig angekohlt im Frühjahr 1945 in einem Waldstück. Daneben lagen angekohlte Uniformreste. Ein deutscher Soldat hatte wohl so seine Entlassung aus der Wehrmacht auf eigene Faust vollzogen und das Buch nicht mehr gebraucht. Ich, damals neun Jahre alt und vom Lesehunger getrieben, fand das Buch spannend und fing dann an, in der Leihbibliothek nach Ähnlichem zu suchen. Mit Erfolg.

Dass es Science-Fiction war, wusste ich natürlich damals nicht; den Begriff kannte in Deutschland wohl niemand, auch wenn um diese Zeit in den USA das »Goldene Zeitalter der Science-Fiction« angebrochen war. In Deutschland hießen solche Romane Zukunftsroman, utopischer Roman, utopisch-technischer Roman oder so ähnlich, und was in den Bibliotheken zu finden war, stammte fast ausschließlich aus deutscher Feder, ausgenommen die Bücher von Jules Verne, denen ich mich mangels umfangreichen deutschen Angebots recht bald zuwandte. Die waren übrigens etwa genauso lange vor »meiner Zeit«  verfasst wie meine damalige Lektüre aus heutiger Sicht …

Comic_ActionComics_205Comic_SpaceCadetDrei, vier Jahre später begann sich in Deutschland das auszubreiten, was man später den Einfluss der amerikanischen Unterhaltungskultur nannte, und diese Kultur verschaffte dem Noch-nicht-ganz-Teenager, der ich damals war, Zugang zu Comic-Books: Captain Future, Action Comics, Space Cadet und dergleichen entführten mich in eine bunte Welt voller Aliens, Raumschiffe und Space-Warp-Antriebe und halfen mir dabei, die englische Sprache in schlichter Form zu erlernen.

In den Leihbüchereien wuchs das Angebot an deutschen Zukunftsromanen (geschrieben meist noch vor dem Krieg, aber auch der eine oder andere Neuzugang), also Werke von Hans Dominik, Paul Eugen Sieg, Rudolf Daumann, Freder van Holk, und auch die ersten Übersetzungen aus dem amerikanischen Englisch tauchten auf. Besonders beeindruckt haben mich damals – inzwischen im reifen Alter von 15 Jahren – Rauchs Weltraumbücher, vier Hard-Science-Fiction-Titel, die der deutsche Philosoph Dr. Gotthard Günther im Rauch Verlage herausgegeben hatte. Der unglaubliche Planet von John W. Campbell hat mich damals am meisten beeindruckt, auch wenn ich sicherlich der Technik noch nicht so richtig folgen konnte.

VanHolk_DasEndeDesGolfstroms_Bielmannen   Daumann_DuennWieEineEierschale1   Campbell_DerUnglaublichePlanet

Ähnlich beeindruckt hat mich aus dem deutschen Sprachraum damals nur Auf zwei Planeten von Kurd Lasswitz (1897), der liebenswerte an Jugendstil erinnernde Titel der Originalausgabe und die stark gekürzte »Sparausgabe«, die kurz nach der Währungsreform erschien.

Lasswitz_AufZweiPlaneten_Bd1_Eilischer_9bis11TsdLasswitz_AufZweiPlaneten_Cassianeum_1948In der Leihbücherei war ich damals fast jeden Tag und schäme mich heute auch nicht, wenn ich gestehe, dass ich manchmal ein nachts unter der Bettdecke ausgelesenes Buch am nächsten Tag mit der Bemerkung »Habe mich getäuscht, das kannte ich schon« wieder zurückge-bracht habe. Vielleicht hat man mich durchschaut, aber ich war trotz meines bescheidenen Taschengelds doch ein recht guter Kunde. Und die Bücher mit ihren schreiend bunten Titelbildern in pflegeleichtem Supronyl-Einband waren auch zu schön. Man konnte sie auch gut in der Schule unter der Bank lesen …

Und dann setzte allmählich der Englischunterricht ein und bei mir die Erkenntnis, dass man ja mal versuchen könnte, solche Bücher in der Originalsprache zu lesen, auch wenn der Wortschatz noch etwas knapp war. Aber das Wichtigste konnte man ja nachschlagen und einiges lernte man einfach aus dem Zusammenhang. Den Rat übrigens, durch mutiges Lesen eine Sprache zu erlernen, habe ich in späteren Jahren und schon als etablierter Übersetzer oft und mit Erfolg weitergegeben.

VanVogt_Voyage_Signet_914Die einzelnen Stationen, die vom Leser deutscher und/oder deutschsprachiger Zukunftsromane über den Comic-Leser, den (radebrechend) Englischsprachige-Bücher-Leser schließlich zum Übersetzer führten, werden wahrscheinlich niemanden sonderlich interessieren, daher sei nur aus Gründen der historischen Genauigkeit vermerkt, dass mein erstes »richtiges« englischsprachiges Buch A. E. van Vogts The Voyage of the Space Beagle war, das ich verschlungen habe. Muss wohl so 1952 gewesen sein, das wunderschöne, stark vergilbte und fast zerfallene Taschenbuch mit seinem herrlichen Cover zum Preise von 25 Cent in meinem Bücherschrank trägt jedenfalls dieses Erscheinungsdatum.

VanVogt_ExpeditionDerSpaceBeagle_HBSF(Nach einer damals stark gekürzten Übersetzung von Jesco von Puttkamer im Utopia Großband mit dem Titel Unternehmen Milchstraße und einigen Ausgaben bei AWA und Heyne erschien im Heyne Verlag 1992 in der Bibliothek der Science-Fiction-Literatur als Band 83 eine liebevoll bearbeitete Übersetzung von Prof. Rainer Eisfeld, die sich auch mit der Erscheinungsgeschichte des Romans (ursprünglich als vier lose zusammenhängende Storys erschienen) detailliert auseinandersetzt und äußerst lesenswert ist):

Etwa um die Zeit fing die Science-Fiction an, in Deutschland hoffähig zu werden, der Pabel Verlag brachte die Utopia-Hefte heraus, Moewig schloss sich bald darauf mit Terra an und eine Gruppe gleich Gesinnter trat wie ich in den von Walter Ernsting und ein paar Kollegen gegründeten – Science Fiction Club Deutschland (SFCD) – ein. Man redete dort über Science-Fiction, bewunderte Autoren der ersten Stunde wie Walter Ernsting, der mit dem legendären Coup, sein Erstlingswerk als Übersetzung auszugeben, damals seine Karriere begonnen hatte, und schwelgte in jenen begeisternden späten fünfziger Jahren, als es in Deutschland aufwärtsging, wir allmählich wieder Anschluss an die Welt fanden und alle voll Technikbegeisterung und Euphorie waren, nicht nur was die Science-Fiction anging …

118_Loden_FluchDerVergangenheitIch hatte 1954 mein Abitur gemacht, drei Jahre formalen Englischunterricht gehabt und dazu die Erkenntnisse aus bestimmt schon zwei oder drei Dutzend gelesenen englischsprachigen SF-Titeln in mir angesammelt und war jetzt überzeugt, dass ich es schaffen würde, Romane meines Lieblingsgenres ins Deutsche zu übersetzen. Walter Ernsting als Science-Fiction-Lektor von Pabel schenkte dem Anfänger Vertrauen und übergab mir das ungeheuer grausige (wie ich heute finde) Werk Curse of the Planet Kuz von Erle van Loden, das dann auch bei Utopia als Fluch der Vergangenheit erschien.

Anderson_DieWingDynastie_SUNicht lange danach, und damit schließt sich jetzt die Kette zu den vielen Leihbüchern, die ich früher verschlungen hatte, bot mir Heinz Bingenheimer, Inhaber des Buchclubs Transgalaxis, ein Buch einer schon wesentlich höheren Qualitätsstufe zum Übersetzen an, nämlich Poul Andersons War of the Wingmen, das er im Eigenverlag in Kooperation mit dem Zimmermann Verlag herausbringen wollte. Mein erstes Hardcover. Ein Buch übrigens, das mir, gemessen an damaligen Honoraren, über die Jahre durchaus Glück brachte, erschien es doch später noch einmal bei Moewig als Heft und dann, wieder ein paar Jahre später, im Ullstein Verlag als Taschenbuch. Ich konnte meine Übersetzerarbeit also immerhin dreimal verkaufen.

T_150_Anderson_DieRasseDerFluegelmenschenAn diesem Punkt sind vielleicht ein paar Worte zu den Hintergründen des Übersetzens angebracht, also wie das damals lief, wie es bezahlt wurde und was für Probleme es gab. Natürlich hier nicht als Versuch einer allgemeingültigen »Job Description«, sondern einfach als sozusagen autobiografischer Beitrag gedacht:

Arbeit gab es damals eigentlich genug, wenn man die richtigen Leute kannte, selbst ein paar ordentlich übersetzte Titel vorweisen konnte und nicht im Ruf totaler Unzuverlässigkeit hinsichtlich Termintreue stand. So hatte ich keine Mühe, sowohl von Pabel als auch von Moewig Übersetzungen für Heftromane und von den Leihbuchverlagen Zimmermann, Bewin, Engelbert solche für Leihbücher zu bekommen.

Ullstein_3149_Anderson_EntscheidungUeberDenWolkenIm Hauptberuf war ich in der Exportabteilung eines namhaften Industrieunternehmens tätig (das von meiner Nebentätigkeit nichts wissen sollte, daher benutzte ich recht bald für meine Übersetzungen ein Pseudonym). Die nebenberufliche Übersetzertätigkeit erlaubte es mir und meiner jungen Familie in relativ jungen Jahren, eine erste Eigentumswohnung zu erwerben und damit gewisse materielle Sicherheit zu schaffen. Und darüber hinaus machte sie mir einen Riesenspaß, denn – und das wird jeder Übersetzer bestätigen – nie liest man ein Buch so gründlich, als wenn man es übersetzt …

Die Übersetzungsarbeit war durch zwei Parameter stark beeinträchtigt: Zum einen verlangten die Heftverlage einen Umfang von zweihundertvierzigtausend Anschlägen, die Leihbuchverlage dreihundertsechzigtausend, um damit den kostengünstigen Umfang des deutschen Titels nicht zu überschreiten. Das bedeutete, dass man manchmal stark kürzen musste, im Extremfall konnte das bis zu fünfzig Prozent des ursprünglichen Volumens ausmachen. »Das kriegen Sie schon irgendwie hin«, war die stereotype Forderung aus den Lektoraten. Das war nicht immer leicht und sorgte in jedem Fall dafür, dass sich die Übersetzungen sehr stark auf Handlung und nicht so sehr auf Hintergrundgeschehen, Milieu, Personenbeschreibung und so weiter konzentrierten. Das Programm war recht gemischt, es gab reine Abenteuerschmöker, bei denen das Kürzen viel Mühe bereitete, weil sie ohnehin schon auf Action getrimmt waren, es gab auch »bessere« Titel, bei denen so viel Fleisch von den Knochen gehobelt werden musste, dass am Ende von Qualität nicht mehr viel übrig blieb. Ich denke heute mit Entsetzen an eine Philip-K.-Dick-Übersetzung, die ich auf diese Weise mit Sicherheit verhunzt habe (Time out of Joint – ZEIT OHNE GRENZEN).

Dick_ZeitOhneGrenzen_qwHoffentlich habe ich diese Scharte bei Mr. Dick (und seinen deutschen Lesern) dadurch ausgewetzt, dass ich später sein (mir liebstes) Werk The Man in the High Castle (DAS ORAKEL VOM BERGE) im König Verlag  übersetzt und herausgegeben habe, als ich während des kurzen Lebens der Taschenbuchsparte dieses Verlages dort als Science-Fiction-Herausgeber fungierte …

Und – das war seltener – es kam auch vor, dass das Lektorat einen zu Eingriffen in die Substanz aufforderte, also: »Da kommt eine Mondexpedition vor, das ist heute nicht mehr in, machen Sie den Mars draus.« Ich gebe zu, dass das ein Extremfall war, etwa zu vergleichen der kompletten Verlagerung der – hier geht es nicht um Science-Fiction – Schwarzen Fledermaus-Handlung von New York nach Chicago, weil ja Chicago schließlich die Hauptstadt des Verbrechens in den USA war und »der Leser das erwartet«. Ich habe damals mit einem Stadtplan von Chicago gearbeitet und später Bauklötze gestaunt, als ich das erste Mal nach Chicago kam und den richtigen Maßstab dieser Stadt kennenlernte.

Und dann war da der Jugendschutz. Die Verlage hatten sich verpflichtet, in ihren Werken »Schund und Schmutz« zu vermeiden, und diese Filteraufgabe an die Übersetzer delegiert. Zu blutrünstige Schlägereien galt es also zu entschärfen, Sex (der im damals sehr prüden Amerika bei Weitem nicht wie im heutigen Umfang in die »Literatur« eingegangen war) war tunlichst völlig zu entfernen. Wenn es gar nicht mehr anders ging, machte man eben Sternchen und überbrückte damit die eine oder andere Stunde, in der es vielleicht zur Sache ging.

Die Honorare waren recht bescheiden, Mitte der fünfziger Jahre wurden für eine Heftübersetzung 200 DM, für eine Leihbuchübersetzung 300 DM, vielleicht auch mal 400 DM bezahlt, und das steigerte sich dann im Laufe der Jahre, aber sehr langsam. Zum Vergleich: eine Stenotypistin verdiente Mitte der fünfziger Jahre etwa 200 DM im Monat, ein qualifizierter kaufmännischer oder technischer Angestellter um die 500 DM.

Typischerweise kauften die Verlage in jenen Jahren ja ziemlich wahllos zusammen, was der Markt (günstig) zu bieten hatte. Auf die Weise entstand eine recht bunte Programmmischung, in der sich ein Arthur C. Clarke, ein Philip K. Dick und andere heute hoch angesehene Klassiker durchaus neben Vielschreibern wie Robert Moore Williams, E. C. Tubb oder John Brunner finden konnten.

Für die Leihbuchverlage zu übersetzen war deshalb angenehm, weil dort selten so viel Zeitdruck gemacht wurde wie bei den Heftverlagen, aber dafür war auch seltener ein Auftrag zu bekommen.

Vielleicht noch etwas zu meiner Technik des Übersetzens:

In den ersten Jahren habe ich auf einer alten Schreibmaschine herumgehämmert, ohne es je gelernt zu haben, also nach dem Motto »Wer sucht, der findet«. Anschließend mussten die Manuskripte natürlich überarbeitet, Tippfehler ausgebessert und Formulierungen »fein poliert« werden. Da die Schreibmaschinen (ein Gerät, das ja bald Museumscharakter haben dürfte) damals weder einen Speicher noch ein Korrekturprogramm besaßen, konnte es durchaus sein, dass das Manuskript am Ende so viele Korrekturen aufwies, dass ich es wohl oder übel noch einmal abtippen musste. Das war, wirtschaftlich betrachtet, nicht sehr angenehm, also lohnte es sich, schon beim ersten Mal gründlich nachzudenken, was und wie man es sagen wollte.

Da ich recht gut beschäftigt war, manchmal im Monat zwei oder drei Heftchen und ein Leihbuch schaffen musste, kam ich recht bald auf die Idee, dass man ja auch diktieren könnte.

Ich habe mir also ein Tonbandgerät angeschafft, ein technisches Monstrum mit Röhren und Spulen und einem Magnetband, das sich dauernd verhedderte, und dazu ein zweites mit angeschlossenem Fußschalter, mit dem in den ersten Jahren meine Frau, später dann freiberufliche Helferinnen meine Manuskripte getippt haben. Die Technik wurde dann im Lauf der Zeit immer besser, an die Stelle der großen Spulen und der sich leicht verheddernden Bänder traten kleine Kassetten, die die älteren Leser vielleicht noch unter dem Namen Kompakt-Kassetten kennen und die mit dünnen und sich etwas seltener verheddernden Bändern operierten. Die dritte Generation arbeitete mit Mikrokassetten, die sich ebenfalls (aber jetzt deutlich seltener) verhedderten. Gelegentlich bedeutete dieser Bandsalat eben, dass man zwei, drei Stunden Diktat noch einmal wiederholen musste. Und dann, jetzt bin ich allerdings fast an der Jahrhundertwende angelangt, kamen schließlich die eleganten Speicherchips, bei denen ein derartiges Malheur ausgeschlossen war. Auf einen solchen diktiere ich übrigens auch das, was Sie jetzt gerade lesen, werde es anschließend per E-Mail zum Schreiben schicken und später dafür einen saubere, bequem zu redigierenden und formatierenden Text bekommen. Kurd Lasswitz und Hans Dominik hätten gestaunt …

Teilweise war diese Arbeitsweise den Lektoraten äußerst suspekt, weil man sich nicht vorstellen konnte, dass dabei etwas Ordentliches rauskommt. Ich habe dagegen immer behauptet, dass gerade Dialoge schließlich Sprache und nicht Schreibe sind, und muss im Übrigen natürlich den Lesern das Urteil über die Qualität des Gelieferten überlassen.

Ich möchte noch den Sprung in die Gegenwart versuchen. Ende der achtziger Jahre hatte ich – eigentlich – aufgehört, Science-Fiction zu übersetzen (aber keineswegs zu lesen!), und mich mehr der amerikanischen Gegenwartsliteratur, hauptsächlich dem Thriller zugewandt. Zum einen, weil es besser bezahlt war, zum anderen, weil auch das Angebot an Science-Fiction immer dünner wurde. Schließlich waren kaum mehr Aufträge zu bekommen, nicht zuletzt weil eine jüngere Garde von Übersetzern nachdrängte und mir so mancher Verlag unter Hinweis auf mein gesichertes Pensionseinkommen und meine angenehmen Lebensumstände keine Aufträge mehr geben wollte.

Ringo_Invasion_HSFDass mir dann vor ein paar Jahren, mehr durch Zufall, Heyne eine Military-SF-Reihe (John Ringo, William C. Dietz, David Drake) übertrug, für die ich an die zwanzig Bände übersetzt habe, verschafft mir auch im »reifen« Alter noch viel Befriedigung und erlaubt es mir, zielgerichtetes Gehirntraining zu treiben.

In den Jahren im Hauptberuf, in denen ich schließlich bis in den Vorstand meines Unternehmens aufstieg und damit nicht mehr viel Zeit zum Übersetzen und auch kein materielles Motiv dafür hatte, hat es mir immer so viel Spaß gemacht, nebenbei in einer ganz anderen Welt zu leben, dass ich nie ganz auf den ungemein spannenden Reiz, in zwei Sprachen und zwei Welten zu leben, verzichten wollte. Und das ist heute nicht anders.

(Die von mir unter eigenem Namen und Pseudonym übersetzten Titel sind übrigens an anderer Stelle dieses Blogs  [Menüpunkt »Übersetzungen«], wie ich hoffe, nach dem Stand Juli 2013 aufgelistet.)

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